Es ist nicht hinnehmbar, den Schmutz im Boden zu lassen
Die Tiefgarage – eine historische Altlasten-Diskussion aus dem Jahr 2018
Die Grüne Fraktion in Elmshorn ist sehr verwundert, wie die Stadtverwaltung mit dem schon langen bekannten Thema der Altlasten im Umbaugebiet umgeht. Bislang wurde diese Thematik nie so problematisch thematisiert, wie sie sich nun zeigt. Bereits im Jahr 2018, wiesen wir darauf hin, dass der kontaminierte Boden ein Problem ist. In der EN vom 3.11.2018 lesen wir, nachdem die CDU gemeinsam mit dem Bürgermeister die Diskussion zu Tiefgarage erneut geöffnet hatte, folgende Aussage vom baupolitischen Sprecher unserer Fraktion, Matthias Pitzer: „Wir müssen neu in die Diskussion einsteigen“, betonte Matthias Pitzer von den Grünen. Denn auch ohne Tiefgarage könnte ein Bodenaustausch aufgrund der Kontamination nötig werden. Kosten: zirka 1,4 Millionen Euro. (Quelle, EN, 3.11.2018). Schon damals pflichtete der zuständige Projektleiter im Gebäudemanagement, Michael Gerbert, bei: „Noch fehlen Daten. Aber wir gehen davon aus, dass wir einige Hotspots in diesem Bereich haben“ (Quelle, EN, 3.11.2018).
Trotz dieser Warnungen lesen wir vom Bürgermeister, Volker Hatje, folgende Zeilen in dieser Ausgabe: Angesichts der neuen Fakten schlug Hatje ganz spontan vor, nicht nur ein Untergeschoss zu bauen, sondern gleich drei. „Wir können jetzt mutig sein. Die Stellplätze unter dem Rathaus dauerhaft öffentlich nutzen.“ Der Verwaltungschef betonte, dass durch den Bau einer oberirdischen Garage „hochwertiges Bauland“ im Sanierungsgebiet verschenkt werde. (Quelle, EN, 3.11.2018).
Herr Munk (damaliger Sachgebietsleiter Stadtplanung) in der EN vom 5.6.2018: “ Die Stadt erhalte die Fördermittel nur wegen der Bodenverunreinigung. Mit denen umzugehen sei kein Hexenwerk“.
Das Baugesetzbuch sagt in §1 (also Grundsatzparagraf): „Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt.“
Die Verwaltung will den Rathausneubau, nicht der in Aufstellung befindlichen Bauleitplanung unterziehen. Hier müsste die Stadt als vorbildlicher Bauherr im Sanierungsgebiet innerhalb des B-Planverfahrens selbstverständlich eine Sanierungsplanung für die Bodensanierung anfertigen und genehmigen lassen. Ist das mit dem Fördermittelgeber abgestimmt? Entspricht das dem Sanierungsrecht? Was bedeutet das für die Fördermittel beim Rathausneubau?
Umgang mit dem Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs
Erst 2016 wurde nach langwieriger Ausarbeitung eines Raumprogramms für den Rathausneubau in der Auslobung zum Wettbewerb die erforderlichen Rathausflächen mit 7.000 m² Bruttogeschossfläche vorgegeben. Stadtplanerisch wurde eine differenziert gestaffelte Bauweise gem. Rahmenplan mit 4 Geschossen zum Buttermarkt und je 3 Geschossen für die Seitenflügel in den Nebenstraßen angedacht.
Knapp 4 Jahre später werden nun 11.240 m² Bruttogeschossflächen mit einer 4-Geschossigkeit als Vollgeschosse für alle Gebäudeflügel geplant. Allein mit einer Aufgabenmehrung kann dies nicht begründet werden. Einer 4- Geschossigkeit des Gebäudeflügels am Vormstegen hat die Politik zwar zwischenzeitlich zugestimmt, jedoch mit der Auflage, das 4. Geschoss als Staffelgeschoss zurück zu setzten. Die Abstaffelung zu der vorhandenen niedrigeren Bestandsbebauung war der Politik hier sehr wichtig.
Der nun vorgelegte Vorentwurf weicht von dem Siegerentwurf unter städtebaulichen, architektonischen, wettbewerbsrechtlichen sowie Gründen der Rahmenplankonformität erheblich ab.
Dies wirft weitere Fragen auch für eine realistische Zeitplanung auf. Die Verwaltungsansage, den Bauantrag noch dieses Jahr einzureichen zu wollen ist unglaubwürdig. Nötige Klärungen zum Rahmenplan mit dem Innenminister als Fördermittelgeber bedürfen nach bisherigen Verwaltungsaussagen allein 1,5 Jahre. Offensichtlich gilt das nun nicht mehr.
Noch bei der Idee ein Carillon in die Rathausfassade zu integrieren, hat der Architekt dies zu Recht mit Hinweis auf seinen gekürten Siegerentwurf und sein Urheberrecht selbstbewusst zurückgewiesen.
Was ist passiert, dass er die unmaßstäblichen ausufernden Änderungen an seinem Siegerentwurf auf Verwaltungswunsch hin nun duldet?
Corona und die Nichtöffentlichkeit
Die nun zu Tage tretenden immensen Problemstellungen beim Thema Rathausneubau unter Verweis auf Corona Bedingungen nichtöffentlich zu Planungsfakten nach Verwaltungs-Agenda zu machen, sind unerträglich.
Die Verwaltung ist aufgefordert, nach dem Vorbild vieler anderer Kommunen, die Öffentlichkeit für Investoren und die Bürger*innen mit ihren Beteiligungsrechten in Corona konformer Art unverzüglich herzustellen. Pressemitteilungen aus der Verwaltung beim diesem Großprojekt im Stadtumbau mit bewusst geschönten und halben Fakten stellen nicht das erforderliche Vertrauen bei dem Bürger*innen, Investor*innen und in der Politik her.
Mangelnde Transparenz hinsichtlich der Untersuchungsergebnisse
Wir sind sehr froh, dass es damals gelungen ist, die Tiefgarage abzusagen, sie hätte einen dauerhaften monetären Schaden in der Bewirtschaftung angerichtet. Sehr oft musste sich die Grüne Fraktion anhören, sie würden den Stadtumbau verzögern – wenn man aber die Presse von 2018 verfolgt, dann waren es andere Fraktionen und Teile der Verwaltung, die damals Verzögerungen geradezu durch eine nicht endende Diskussion in Kauf genommen haben. Jetzt gibt es endlich ausreichend Daten und diese sind schlimmer als damals gedacht. Erstaunlich – Stadtverordnete dürfen sich die Zahlen nur vor Ort im Amt ein sehen. Die Verwaltung möchte den Bericht nicht an die Fraktionen verteilen. Dabei unterliegen alle Stadtverordneten der Verschwiegenheit. Wir stellen uns die Frage, warum möchte man die bisherigen Erkenntnisse nicht veröffentlichen? Investoren wird man ohnehin über die Bodenverhältnisse informieren müssen – andernfalls könnten diese später auch juristisch für Sanierungsmaßnahmen die Stadt an den Kosten beteiligen.
Der Bürgermeister ist derweil auf Tauchstation. Kein einziges Statement hat man von ihm gehört. Der Baustadtrat ist erst später dazu gestoßen, er ist nicht verantwortlich für die Misere. Aber in einer so großen Angelegenheit sollte sich unserer Ansicht auch der Bürgermeister einmal zu Wort melden, denn viele Stadtverordnete und Bürger*innen fragen sich zu Recht, wie geht es jetzt weiter?
Der Grüne Plan im Stadtumbau
In unserer Fraktion sind wir uns da einig. Wir wollen, dass der Boden jetzt ordnungsgemäß ausgetauscht oder gereinigt wird. Wir wollen nicht, dass eine Kita auf einem Boden errichtet wird, von dem gesagt wird, dass Grenzwerte für Belastungen mit Giften, Chemikalien und anderen krebserregenden Schadstoffen überschritten werden. Dies ist nur möglich, wenn wir den Stadtumbau neu starten. „Jetzt machen wir das ordentlich!“, sagte Hinrich Höft, bürgerliches Mitglied im Ausschuss für kommunale Dienstleister. Und so sieht die Grüne Fraktion das einstimmig.
- Wir haben jetzt die einmalige Chance, den Boden zu bereinigen. Diese müssen wir nutzen. Später, wenn erst einmal Gebäude darauf stehen wird es kaum möglich sein, den Boden auszutauschen oder professionell zu reinigen. Jetzt, wo die Grundstücke freiliegen, kann man es aber machen. Elmshorn ist hier kein Einzelfall. Im gesamten Ruhrgebiet findet man ähnliche Verhältnisse vor. Das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt sich dort sogar mit 80% an den Kosten von Bodensanierungen – immerhin das Land Schleswig-Holstein fördert Altlastenbeseitigung mit 50%-70% der Kosten.
- Was ist mit den Altlasten unter Freiflächen im Sanierungsgebiet, die nicht unter Betonplatten von Gebäuden beerdigt werden können? Z.B. bei der vorgesehenen City-Kita?
- Es ist nötig eine umfassende Untersuchung der Bodenverhältnisse auf allen städtischen Grundstücken vorzunehmen. Es braucht eine Sanierungsplanung nach Bundesbaugesetz und Fördermittelrecht. Dabei ist auch unbedingt zu berücksichtigen, welche Auswirkungen die Schadstoffe auf das Grundwasser haben. Es ist auch zu prüfen, was passiert, wenn es zu einem Hochwasser kommt.
- Sobald Post und Sky-Gebäude abgerissen worden sind, müssen dort auch Untersuchungen gemacht werden. Das gleiche gilt für den Boden am Probstendamm.
- Investoren im Sanierungsgebiet stehen nicht Schlange. Das liegt daran, dass sie vor einer Investition genaue Daten zu den Altlasten benötigen. Diese Informationen sind einschließlich der Information zu möglichen Förderleistungen öffentlich zu machen.
- Uns ist bewusst, dass ein Austausch des Bodens auf dem Grundstück für das neue Rathaus, auch den Verlust der Verladestation bedeuten könnte. Dies nimmt unsere Fraktion in Kauf und schlägt vor, dass später die Station neu aufgebaut wird. Dann könnte man dort auch eine andere Nutzung, z. B. durch ein Bistro, Café oder Kiosk möglich machen. Der Charakter bliebe durch den Neuaufbau erhalten.
Kosten der Sanierung und das Rathaus in Zeiten des digitalen Wandels
Bevor pauschal gesagt wird – eine Sanierung des gesamten Bodens – wird die Stadt Elmshorn nicht machen können, möchten wir erst einmal wissen, wie teuer das ist und wie die Beschaffenheit der Böden auf den anderen Grundstücken des Sanierungsgebiets aussieht. Ohne Fakten, kann Politik in diesem Fall keine Entscheidungen treffen. Deswegen ist auch die erforderliche Umstrukturierung im Rathaus sehr wichtig. Neben dem erforderlichen neuen Amt für Projektsteuerung bedarf es jetzt sofort ein einheitliches Tiefbauamt, welches durch die Zusammenlegung der Stadtentwässerung und des Flächenmanagements entstehen könnte. Aber auch in dieser Frage wird in der Verwaltung blockiert. Eine Ämtermehrung darf es nicht geben. Es ist doch gerade jetzt wichtig, Synergieeffekte zu erreichen und Verwaltungs- Experten unter Einsparung von Verwaltungsaufwand und einer ganzheitlichen agilen Projektarbeit zusammen zu führen.
Die neuen Entwürfe für das „Monster“-Rathaus kommen bei dem Elmshorner*innen zu recht nicht gut an. Die stark gestiegenen Kosten versteht auch niemand mehr. Noch 2019 nannte uns die Verwaltung eine grobe Kostenschätzung von ca. 30 Millionen. Nun Anfang 2021 sind es plötzlich 51 Millionen. Die Rathausgeschosse auf dem Haus der Technik gehören selbstverständlich zum Rathausneubau. Dazu kein Wort der Verwaltung.
Wir fragen uns vor dem Hintergrund des schon stattfindenden digitalen Wandels – ob ein derart großes Haus in 10 Jahren überhaupt noch erforderlich ist. Daher schlagen wir vor, dass wir zwar ein neues Rathaus auf Vormstegen bauen wollen, wir möchten uns hinsichtlich der Größe aber lieber an den Plänen des damaligen Wettbewerbsentwurfs orientieren.
Viel sinnvoller ist erst einmal die Arbeit an zwei Standorten, nämlich dem bestehenden Rathaus und nach Fertigstellung auch dem neuen Rathaus. Wenn durch den digitalen Wandel, der Bedarf an Arbeit vor Ort, z. B. durch Home-Office und Desk-Sharing sowie digitaler Angebote für die Bürger*innen, reduziert- dann kann man den Standort am alten Rathaus einem neuen Zweck überführen und steht nicht vor dem Problem, dass am Ende in einem viel zu großen Rathaus Leerstand auf der obersten Etage einkehrt. Wir schaffen mit zwei Standorten die notwendige Flexibilität, werden den Potenzialen der Digitalisierung gerecht und schaffen die Grundlagen für eine tragende Überführung des alten Rathauses in eine neue Nutzung in der Zukunft.